Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.
Joh. 15,16a
Nachdem Menschen bei der geschlagenen Wahl es geschafft haben, mit Slogans aus der Bibel zu punkten, die gleichzeitig in der Umsetzung der biblischen Botschaft – etwa in Sachen Nächstenliebe – offensichtlich wenig kompetent sind, wage auch ich mich auf ein Gebiet vor, das mir eher fremd ist: Die Geburtshilfe.
Jetzt ist es also geschafft, wir haben gewählt. Ist das nun die Geburt oder sind das erst die Wehen? Und vor allem: Wessen Kind ist es oder wird es werden? Haben wir Wähler:innen nun gezeugt oder geboren? Müssen wir uns auf Nachwehen gefasst machen oder auf eine komplizierte Geburtsvorbereitung? Ist es also wirklich geschafft? Ich denke, dass das Wahlergebnis vielleicht so etwas wie ein Ultraschallbild ist. Und derzeit wissen wir noch nicht einmal das Geschlecht.
Manche Menschen sind der Meinung, dass sie mit ihrer Stimmabgabe alles Notwendige getan haben, vergleichbar mit dem Zeugungsakt. Wenn wir Wähler:innen mehr sein wollen als nur die „Erzeuger“ von demokratischen Regierungen, müssen wir unsere Vaterschaft ernst nehmen. Wenn unser Wille geschehen soll, dann müssen wir unseren abgegebenen Stimmen auch Taten folgen lassen.
So oder so: Was auch immer rauskommt, es wird auf jeden Fall „unser Kind“ sein. Und Kinder müssen erzogen werden. Damit sind wir wieder bei der Nächstenliebe. Wenn wir verantwortungsbewusste Erzeuger:innen sein wollen, dann lassen wir das Kind nicht auf sich allein gestellt, sondern geben ihm auf den Weg, was uns wichtig ist, z.B. Nächstenliebe, Toleranz und Offenheit. Und vor allem rufen wir es ihm immer wieder in Erinnerung. Ob unser Kind auf uns hören wird?
Vor Gott wiederum dürfen wir darauf vertrauen, dass er uns erwählt hat und nicht umgekehrt. Wir sind seine Kinder. Und dafür mussten wir ihm nicht einmal das Blaue vom Himmel versprechen, sondern er hat sich selbst versprochen. Aus Liebe zu uns Menschen. Allen.
Erneuerter Text vom Oktober 2013
Bildquellen:
- Hand mit Ultraschallbild: Dave Goudreau on Unsplash