Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Lukas 12,53
Das Wort Spaltung hat Hochkonjunktur in dieser Zeit. Es erfreut sich großer Beliebtheit nicht nur im politischen oder theologischen Diskurs. Zumeist wird es mit Bedauern geführt und gleich nachgereicht, dass man sie überwinden muss, die Gräben zuschütten soll und was-weiß-ich-nicht-noch-alles.
Dabei ist Spaltung für sich genommen doch nicht so schlimm. Nicht so schlimm jedenfalls, als wenn jeder und jede einer Meinung sein müsste. Ja, ist das Vorhandensein von Spaltungen nicht sogar Ausdruck pluralistischer Meinungsfreiheit und somit Kennzeichen einer freien Gesellschaft, in der Menschen gegensätzliche Positionen einnehmen können?
Auch wenn manche*r den Eindruck gewinnen könnte, dass unsere Gesellschaft mehr und tiefer gespalten sei als je zuvor, war früher nicht alles besser. Zwar weist das Wort Jesus auf mögliche familiäre Spannungen als Reaktion auf die Nachfolge hin, Familienidyllen sind in unseren Breiten in der jüngeren Vergangenheit eher an zu kurzen Röcke bei jüngeren Frauen und zu langen Haaren bei jüngeren Männern zerbrochen. Oder an der Frage der Atomkraft, wo es einmal geheißen hat – die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch: Nein danke!
Bleibt aber noch die Frage, wie man miteinander über tiefe Gräben hinweg redet, und wo man notwendige Grenzen zieht. Nicht nur, aber auch innerhalb der evangelischen Kirche, setzt sie sich doch aus sehr unterschiedlichen Menschen, Gruppen und Milieus zusammen, die sich immer wieder neu darüber verständigen müssen, was sie verbindet und welche Unterschiede sie ertragen müssen bzw. wollen – oder auch nicht. Gerade in der Auseinandersetzung mit konservativen, rechten, rechtspopulistischen oder gar rechtsextremistischen Positionen zeigt sich, wie schwierig und anstrengend das ist.
Der Kulturbeauftragte der EKD, Johann Hinrich Claussen hat es in einer Radiosendung so zusammengefasst: „Wo gilt es, sich klar abzugrenzen, antidemokratischen Tendenzen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten? Wo aber müsste man genauer zuhören und besser argumentieren? Und wo müsste man als politisch nicht-rechter Protestant neu über sich selbst nachdenken? Denn das, was einem als ‚rechts‘ erscheint, ist nicht etwas Fremdes, sondern hat Wurzeln in der eigenen Tradition. Zudem sollte man nicht annehmen, dass man stets im Recht ist, nur weil man sich auf der moralisch richtigen Seite verortet. Es ist ja nicht auszuschließen, dass von den härtesten politischen Gegnern Probleme benannt werden, die angegangen werden müssten, für die man aber selbst noch keine Lösung hat.“
Ich darf dem noch einen Dialog aus einem Film anschließen, der selbst für Spaltungen gesorgt hat:
AKTIVIST 1: Hör zu, es gibt Typen, die wir noch mehr hassen als die Römer, das sind diese verfluchten Judäische-Volksfront-Mistkerle!
Aus: Das Leben des Brian, Monty Python, 1979
ALLE: zustimmendes Stimmengewirr
AKTIVIST 2: Und die Populäre-Front-Mistkerle!
ALLE: Spalter, Mistkerle!
AKTIVIST 3: Und die Volksfront-von-Judäa-Spalter!
AKTIVIST 1: (…) Was?!
AKTIVIST 3: Die Volksfront-von-Judäa-Spalter!
AKTIVIST 1: Wir sind die Volksfront von Judäa!
AKTIVIST 3: Oh … Ich dachte, wir wären die Populäre Front.
Herzlichst,
Ihr Pfr. Rudolf Waron