#21: Tatsächlich… Liebe

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

1. Korinther 16,14 (EU)

Die Jahreslosung für 2024 ist die Aufforderung, dass alles in Liebe geschehen soll.

Nona, um es österreichisch auszudrücken. Das sollte doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, um gleich den österreichischen Indikativ nachzureichen: eigentlich sollte/wollte/würde…

Im Ernst: Ich habe – wahrscheinlich mit ganz vielen anderen – den Anspruch, dass die Motivation meines Handelns Liebe ist. Gleichzeitig erlebe ich – vermutlich mit ebenso vielen anderen, dass dieser Anspruch mehr Theorie als Praxis ist.

Zu oft meine ich, etwas aus Liebe zu tun und merke doch selbst, dass ich nur meine Interessen durchsetze. Zugegeben, bei mir merke ich das seltener als bei anderen. Dort dafür bereits im Vollzug und nicht erst im Nachhinein, oder wenn mich jemand mit der Nase darauf stößt.

Ob es Eheleute sind, oder Eltern mit ihren Kindern, im Beruf oder Freundeskreis – überall begegnet dieser Widerspruch von Anspruch und Wirklichkeit. Gerade in christlichen Gemeinden, Vereine und NGOs lassen sich selbstloses Engagement und Machtausübung oft nur schwer unterscheiden. Was leidenschaftliches Engagement für eine Sache sein kann, kann auch der Durchsetzung von Eigeninteressen dienen.

Ich will die Perspektive einmal umdrehen. Was, wenn wir Dinge nicht in Liebe machen bzw. diesen Anspruch stellen? Wie sieht es mit den Dingen aus, die ich nur halbherzig mache oder nur aus Gewohnheit, manchmal auch nur um des „lieben Friedens willen“? Wie sähe die Welt aus, wenn wir nur das tun, wofür unser Herz schlägt, was uns Freude macht? Wer macht das andere? Muss das andere überhaupt gemacht werden? Was passiert, wenn es niemand macht? So gesehen, fürchte ich, handle ich auch herzlos, wenn ich die halbherzigen Dinge liegen lasse.

Die Jahreslosung 2024 spricht von Liebe. Und klarer Weise drängt sich vor meinem inneren Auge das Bild eines Herzens auf oder von Menschen, die sich umarmen, küssen oder zumindest Händchen haltend spazieren gehen.

Ich habe als Illustration für den Bibelvers Flaschen mit Putzmitteln ausgewählt. Alles, so lautet der Spruch, alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. Für mich bedeutet das, nicht nur die Dinge, die ich gerne mache, in Liebe geschehen zu lassen, sondern vor allem die Dinge, die ich lustlos angehe.

Der Apostel Paulus feuert ein paar Kapitel vorher ein wahres Feuerwerk der Liebe ab (1. Kor. 13). Verse, die gerne bei Trauungen als Lesung gewählt werden, seltener beim Klo putzen oder Staub wischen.

„Alles“, da steckt für mich eine Grundhaltung drin. Eine solche Grundhaltung lässt sich nicht befehlen. Aber wir können viel dafür tun, dass sie in einer Kultur des Respekts und Miteinanders wachsen kann. Letztlich geht es darum, dass Liebe geschieht. Und dabei muss ich daran denken, dass uns das Wesentliche letztlich unverfügbar ist: Dein Wille geschehe, heißt es im Vater Unser.

So vertraue ich darauf, dass Gottes Liebe in uns geschieht. Damit wir das klar sehen können, gebe er uns seinen guten Geist.

Und wer klar sehen kann, hat auch den Blick frei für alles, was um ihn herum passiert, was da auch kommen mag im Guten wie im Schlechten, im Großen wie im Kleinen. Einen liebevollen Blick für das Tatsächliche, das wünsche ich mir und Ihnen für das Jahr 2024!

Herzlichst,
Ihr Pfr. Rudolf Waron

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