Es saß aber ein junger Mann mit Namen Eutychus in einem Fenster und sank in einen tiefen Schlaf, weil Paulus so lange redete; und vom Schlaf überwältigt fiel er hinunter vom dritten Stock und wurde tot aufgehoben.
Apostelgeschichte 20,9
Frische Ausdrucksformen, Wortfetzen unter einer Minute, Events wohin das Auge blickt, selbst in Zeiten von Corona. Hach, ich verstehe den Wunsch vieler engagierter Christinnen und Christen nach mehr Aufmerksamkeit.Aufmerksamkeit? Ja, darum geht es. Und wir dürfen es so nennen und wir dürfen es auch wünschen. Was nach Selbsterhöhung riecht, danach, endlich „wer“ zu sein, was nur im Entferntesten nach Selbstdarstellung ausschaut, das hat in gewissen Kreisen keinen guten Ruf.
Gleichzeitig kann das, was mitunter an christlichen oder kirchlichen Aktivitäten geboten wird, oft mit einfachsten Ansprüchen an Ästhetik und Erkenntnissen der Kommunikationslehre nicht mithalten. Gott sei Dank fällt dabei niemand vom dritten Stock und scheidet aus dem Leben. Aber Predigtschlaf ist weit verbreitet. Und ebenso das Verlangen nach Veränderung.
Dabei soll aber alles gleichbleiben. Denn die mitunter aus der Zeit gefallene Ästhetik und die sich aller kommunikationstheoretischer Zeitgeistigkeit widerstrebende Predigt(-länge) muss unangetastet bleiben. Unter zehn Minuten? Wo denken wir hin?
Was wir gerne übersehen: Wir mögen es, so wie es ist. Wir haben keinen Bedarf an Veränderung. Sind wir daher die Richtigen, sich Gedanken zu machen über andere Formen und Wege kirchlicher Existenz? Wer dann?
Reden wir mit Menschen, die nicht kommen. Aber Vorsicht: Es könnte unsere Komfortzone gefährden. Stellen Sie sich vor, es würde auf einmal nicht mehr sein, „wie immer“.
Aufmerksamkeit erregen, das heißt missionarisch sein. Das bedeutet, die Komfortzone zu verlassen und zu lernen. Dazu gehört in Bezug auf Gottesdienste eine neue Gestaltung, neue Lieder, neue Möglichkeiten der Partizipation, ja der Selbstermächtigung. Stellen Sie sich vor, da vorne steht kein/e Pfarrer/in mehr. Können wir das?
Stellen Sie sich vor, die jungen Menschen bleiben der Kirche und Gemeinde fern, nicht weil es im Gottesdienst langweilig ist, sondern weil wir abseits unserer sperrigen Formensprache etwas verloren haben, was nie aus der Zeit fallen wird: Glaubwürdigkeit, die Kompetenz, Fragen und Antworten zum eigenen Leben zu formulieren und zu leben. Das Gebot der Stunde, jeder Stunde: Metanoia, (vor)schnell als Buße übersetzt, besser: Die Änderung der eigenen (Lebens-)Auffassung.
Herzlichst
Ihr/Dein Pfr. Rudolf Waron