#13: Der Gekreuzigte und das Gespenst des K…ismus

Sei getrost, mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben.

Matthäus 9,2 (LUT)

Die schlechte Nachricht zuerst: Vergebung ist kein Tauschgeschäft. Das macht es auch so schwer für uns Erwachsene, sie zu üben und vielleicht noch schwerer, sie anzunehmen. Wir sind es gewohnt, für etwas zu bezahlen und dann das Gewünschte zu bekommen. Und umgekehrt: Wir zahlen unsere Schulden. Daher kommen Kinder leichter ins Reich Gottes, weil sie sich beschenken lassen ohne gleich daran zu denken, was sie jetzt dem Geber schuldig sind.

Wir könnten viel besser damit umgehen, wenn Jesus gesagt hätte: „Hier, ICH GEBE dir was.“ Dabei hat er nicht einmal gesagt, „ICH verGEBE dir DEINE Sünden.“ Er hat vielmehr davon gesprochen, dass dir deine Sünden vergeben sind.

Da steckt fast eine Frage drin. Etwa so: „Deine Sünden sind dir vergeben. Weißt das etwa nicht? Hast du das vergessen?“

Es ist eine tröstende Erinnerung. Die Erinnerung daran, dass der Mensch nie verloren geht. Dadurch hat Jesus die Menschen gerettet – noch lange vor Karfreitag. Gerettet, indem er sie daran erinnert hat, dass Gott immer in Beziehung mit ihnen bleibt. Er hat ihnen Selbstachtung ermöglicht, weil sie wieder auf eigenen Beinen stehen konnten.

Das hat die Mächtigen immer schon argwöhnisch werden lassen, wenn Menschen gerettet werden, wenn ihnen Selbstachtung gegeben wird und sie ermächtigt werden, auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn Menschen dadurch weniger bereit sind, sich zum Opfer machen zu lassen.

So hat Jesus dieses ermächtigende Handeln zum Kreuz geführt. Er hat es als freies Opfer auf sich genommen für das, wofür er immer schon einstand. Mit diesem Opfer, dass auch Zeichen seines Gottvertrauens war, hat er seinen Nachfolgern gezeigt, dass ein solches Leben unauslöschlich ist. Wir nennen es Auferstehung. Die Bilder, in denen Auferstehung überliefert wird, sind dabei mehr mystischer als beweisbarer Natur.

Dabei ist es seit zweitausend Jahren in den Lebensgeschichten zahlloser Menschen geschehen: Er hat Menschen befreit. Er hat uns befreit. Wer seinem Weg folgt, in dem ist Christus lebendig. Und er/sie lebt in ihm. So lebt, wer seinem Weg folgt, als Gerettete/r und wird für andere zum Retter.

Ist schon Vergebung kein Tauschgeschäft, so entzieht sich auch der Tod „für unsere Sünden“ einer kapitalistischen Logik. Das „für unsere Sünden“ wirft wohl für die meisten (kirchen-)kritischen Geister große Probleme auf. Darum will ich es so formulieren: Jesus lebte und starb, damit er der Entfremdung von unserem wahren Selbst ein Ende setzt. Und der Entfremdung von anderen. Und der von Gott. Er ist gestorben, weil er entsprechend lebte. Nicht notwendiger Weise, weil es da einen Tauschhandel gegeben hätte oder einen Graben, der uns Menschen von Gott trennt. Jesus Christus hat uns Menschen an die Beziehung mit Gott erinnert, uns damit ermächtigt zu einem Leben in Selbstachtung und freier Verantwortung.

Der Ruf der Auferstehung: Retter/innen aller Völker, erhebt Euch.

Herzlichst,
Ihr Pfr. Rudolf Waron